Bemerkung: Im Jahrbuch der Luisenschule für 1933 findet sich eine "Malerische Landschaftsstudie der Untertertia. Ruth Sehrbunt."Im Jahrbuch 1934 wird Ruth für das Schuljahr 1933/34 als Schülerin der Obertertia genannt. Reifeprüfung für Obersekunda eines Oberlyzeums, mit "sehr gut" in Zeichnen/Kunstunterricht und Nadelarbeit, "gut" in Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Mathematik, Biologie und Leibesübungen sowie "genügend" in Religion (?? welche??), Französisch, Englisch und Musik. Das gleichzeitig ausgestellte Führungszeugnis nennt ihr Betragen für die gesamte Schulzeit "sehr gut". Die Schülerinnenkartei trägt den Vermerk "Mit Reife für O II Ostern 1935 zur 'Höheren Handelsschule' Herford." Nach eigener Aussage wurde der Übertritt an ein Oberlyzeum in Herford oder Bielefeld bzw. der Besuch einer Kunstschule durch die NS-Diktatur unmöglich gemacht.
Bemerkung: Aus dem Brief ihrer Mutter an Albert Einstein, 23. Juli 1946: "Während dieser Lehrzeit wurde sie als Jude dauernd geschmäht und beschimpft, auch wurde sie alsbald nach beendeter Lehrzeit entlassen."Wohl kurz nach Ende dieser Lehrzeit wandte sich Ruth Sehrbunt Ende April 1939 an den Direktor ihrer früheren Schule und erklärte: "Zu meiner weiteren Ausbildung beabsichtige ich auf einige Zeit nach England zu gehen. Hierfür benötige ich ausser den allgemeinen Schulzeugnissen ein Spezialurteil über meine Leistungen im Malen, Handarbeiten und im Werkunterricht während des Schulbesuches und meiner Fähigkeiten hierin." Sie wolle sich "im kunstgewerblichen Gebiet" weiter ausbilden. Der Direktor fragte darauf beim Oberpräsidium Münster, Abteilung für höheres Schulwesen, ob eine solche Bescheinigung an einen "Mischling" ausgestellt werden dürfe. Auf dem Schreiben findet sich ein handschriftlicher Vermerk von Ende Mai 1939: "Dem Herrn Einsender zurück zu selbständiger Entscheidung". Diese Entscheidung fiel zugunsten des Zeugnisses aus, das im Juni 1939 an Fritz Sehrbunt - mit dem Gruß "Heil Hitler!" gesandt wurde: Es wird hiermit bescheinigt, dass Fräulein Ruth Sehrbunt, die das frühere Stdät.[sic] Lyzeum Luisenschule zu Bad Oeynhausen von Ostern 1929 bis Ostern 1935 besuchte, im Zeichnen, Malen, Handarbeit und Werkunterricht ausgezeichnete Fähigkeiten besass und darin stets nur sehr gute Leistungen erzielte." Aus der Entschädigungsakte: Abbruch der Lehre am 1. April 1938, konnte danach keine Tätigkeit als Sekretärin aufnehmen, arbeitete daher in der Spiegelfabrik ihres Vaters.
Bemerkung: Aus dem Brief ihrer Mutter an Albert Einstein vom 23. Juli 1946: "Sie nahm dann ihre Tätigkeit bei ihrem Vater auf, wo sie dann auch bis heute recht und schlecht verblieben ist. - Durch Nichtfreigabe von Materialien seits der Militärregierung sind wir auch jetzt noch an einer geschäftlichen Entwicklung vollständig behindert, wie uns auch dieses schon unter dem Hitlerregime geschehen wawr. Ruth hat darum keine Zukunft in Deutschland unter den jetzt "behinderten Nazis" und wünscht sich darum eine Zukunft in den U.S.A. aufbauen zu dürfen."Der Brief steht im Zusammenhang mit dem Versuch Ruths, in die USA auszuwandern. Albert Einstein als entfernter Verwandter wurde um Unterstützung gebeten, die dieser auch bereitwillig gewähren wollte, allerdings mit der Einschränkung, dass er Ruth nicht finanziell unterstützen könne. Allerdings war von Präsident Truman im Dezember 1945 eine Regelung erlassen worden, wonach zu diesem Zeitpunkt nur Einwohnern der amerikanischen Zone erlaubt werden sollte, in die USA auszuwandern ("except in preference and non-quota cases"); da Bad Oeynhausen in der britischen Zone lag, war Ruth diese Möglichkeit daher verwehrt. Die Auswanderungsabsicht blieb auch nach ihrer im Oktober 1946 erfolgten Heirat bestehen, vgl. Brief an Albert Einstein vom 20. Februar 1947: "So hat sie dann im Lebenskampf einen treuen und tüchtigen Lebenskameraden zur Seite und hat nun den sehnlichsten Wunsch, mit ihrem lieben Manne sich ein neues Leben in der 'neuen Welt' aufzubauen." Aus der Entschädigungsakte: Am 18. September 1939 verbietet die Stadtverwaltung Bad Oeynhausen der gesamten Familie den Ausgang nach 20 Uhr. Bei einem Überfall auf die Familienwohnung am 19. Februar 1943 fliegen Steine durchs Fenster in die Wohnung, Ruth flüchtet barfuß und im Nachthemd in den Garten, zieht sich dadurch eine schwere Erkrankung zu (schwere feuchte Rippenfellentzündung), die sich sehr lange hinzieht (Attest von Mai 1949, auch in den Sehrbunt-Papieren). Am 19. September 1944 wird sie zusammen mit ihrer Mutter verhaftet, nach Bielefeld gebracht (Lokal "Eintracht", Sammelstelle für Abtransporte), am Abend aber wieder freigelassen. Im Dezember 1944 wurde eine vertrauensärztliche Untersuchung durch das Arbeitsamt Bad Oeynhausen angesetzt, die eigentlich von der Gestapo veranlasst war; ein erneuter Abtransport zu einem "Sonderarbeitseinsatz" war geplant. Im April 1946 Antrag beim Sonderhilfsausschuss des Kreises Minden, Anerkennung als Verfolgte im Mai 1949. 1951 Gewährung einer Beschädigtenrente, Januar 1948 bis Januar 1950 rückwirkend Vollrente von 233,30 DM monatlich, ab Februar 1951 140 DM monatlich (60% der Vollrente). Weiterer Antrag aufgrund des Bundesentschädigungsgesetzes, im August 1955 Bescheid des Regierungspräsidiums Detmold auf 5000 DM wg. vorenthaltener Ausbildung zur Malerin. In den Sehrbunt-Papieren findet sich ein Brief des "American Joint Distribution Committee" an Ruth Sehrbunt, dass für sie "affidavits and supporting documents" für ihre Auswanderung von Albert Einstein eingereicht worden seien, und dass sie in den Akten gehalten würden, bis die derzeit bestehenden Auswanderungsbeschränkungen von der britischen Zone in die USA aufgehoben seien. Ebenfalls dort findet sich ein Schreiben Albert Einsteins vom 3. Juni 1946 an Jenny Sehrbunt, er habe ihren Brief vom 12. März erst vor einigen Tagen erhalten. "Immer hört man die selben furchtbaren Geschichten. Bitte senden Sie mir die genauen Personalien Ihrer Tochter und setzen Sie sich zwecks Beförderung derselben und Information über die nötigen Formalitäten mit der nächsten Stelle des 'Joint' oder einer anderen jüdischen Organisation in Verbindung. Ihre Tochter hat wahrlich recht, wenn sie aus dieser verlausten Umgebung herauswill."
Bemerkung: Das genaue Datum aus der Entschädigungsakte seiner Verlobten. - Angebliche Todesursache Rippenfellentzündung. - Ein Gedenkblatt bei Yad Vashem verzeichnet unter dem Namen Ludwig, 1992 eingereicht von einem Mitpfadfinder Werner Birkenmaier, Austraße 20, Bad Mergentheim. - Bei Yad Vashem auch ein Verweis auf das Totenbuch von Auschwitz, S. 3086/1943.
Bemerkung: Jenny Sehrbunt hat sich in den Jahren nach dem Krieg intensiv darum bemüht, eine Auswanderungserlaubnis für ihre Tochter nach Amerika zu erhalten. Dabei kontaktierte sie auch Albert Einstein in der Hoffnung, er könne wegen der vermuteten Verwandtschaft für sie bürgen. Dies wurde von Einstein sehr freundlich beantwortet, aber bedauernd abgelehnt, da er schon zu viele Verpflichtungen anderen gegenüber zu tragen habe. Die Absicht zur Auswanderung bestand noch nach der Heirat mit Adolf Hirz.In den Familienpapieren u.a. ein Antwortschreiben des American Joint Distribution Committee, Emigration Department, vom 17. Juli 1947, dass eine Auswanderung nach Amerika derzeit unmöglich sei.
Bemerkung: Die Familie Sehrbunt konnte lt. Stadtarchiv Bielefeld auf dem Sennefriedhof nicht ermittelt werden. - In den Sehrbunt-Papieren wird das Wahlgrab Abteilung C Nr. 391 erwähnt, die im August 1963 auf Ruth Hirz umgeschrieben wurde.